Bayer Leverkusen stürmt die Festung von Borussia Dortmund. Nach einer furiosen Anfangsphase wird es in der Schlussphase aber nochmal spannend.
Dortmund (SID) Xabi Alonso klatschte zufrieden mit seinen ausgepumpten Spielern ab, die Fans sangen das Lied von der deutschen Meisterschaft. Doch bei Bayer Leverkusen überwog nach dem am Ende doch noch glücklichen 3:2 (3:1) bei Borussia Dortmund vor allem die Erleichterung. Blitzschnell hatte der Double-Gewinner die Verzweiflungsabwehr der von einer Grippewelle enorm geschwächten Borussia zerrissen, um den Sieg in der Schlussphase fast noch zu verspielen.
Nach dem nun neunten Pflichtspielsieg in Serie sind die Bayern auch dank Doppeltorschütze Patrik Schick nur einen Punkt entfernt. Nathan Tella nach nur 25 Sekunden und Schick (8./19.) nutzten die Probleme in der Not-Abwehr des BVB mit drei schnellen Toren, von denen sich die Gastgeber nur langsam erholten. Jamie Gittens (12.) brachte Dortmund nur kurz wieder heran, Serhou Guirassy per Foulelfmeter (79.) ließ die Westfalen dagegen wieder hoffen.
"Ich bin glücklich, dass ich mit zwei Toren helfen konnte", sagte Schick bei DAZN: "Uns war egal, wer spielt. Wir hatten einen klaren Spielplan." Dortmunds Nationalspieler Julian Brandt bescheinigte den Leverkusenern eine "riesige Qualität, ich behaupte aber, dass wir auch unsere Aktien bei den Gegentoren haben".
Die Borussia hatte zuletzt im April ein Liga-Heimspiel verloren - und zuletzt 2004 das erste Ligaspiel des Jahres.
Die Dortmunder Personalprobleme hatten sich über Nacht ins Extreme multipliziert. Die Grippe rauschte durch den Kader und legte sechs Spieler flach - darunter sämtliche bleibenden Optionen für die Innenverteidigung. Pascal Groß fehlte überdies gesperrt, Niklas Süle verletzt. Die Not-Viererkette, innen bestehend aus Startelf-Debütant Yannik Lührs und Rechtsverteidiger Julian Ryerson, war bei lausiger Kälte mit dem Bayer-Ansturm komplett überfordert.
Die vielen Sorgen hätten sich "in den letzten Tagen hochgeschaukelt", berichtete Sportdirektor Sebastian Kehl vor dem Anpfiff. "Wir mussten in kleinen Gruppen trainieren, damit wir uns separieren. Es ist schwer, wenn so ein Virus umgeht." Es erwischte unter anderem Nico Schlotterbeck, Waldemar Anton und Kapitän Emre Can, alle potenziell Innenverteidiger.
Bei Bayer wurde Granit Xhaka rechtzeitig fit, Florian Wirtz jedoch begann nach einiger Verwirrung um verschiedene kursierende Aufstellungen auf der Bank. Trainer Xabi Alonso blieb kryptisch, er nannte als Grund lediglich "etwas Internes".
Nach einer höchst emotionalen Gedenkminute für das BVB-Idol Teddy de Beer, in der Stadionsprecher Norbert Dickel weinte, hatten die Fans noch nicht wieder Platz genommen, als das 0:1 fiel. Tella ließ Torhüter Gregor Kobel mit einem Halbvolley aus 16 Metern keine Chance. Yan Couto hatte den Ball auf der rechten Abwehrseite nicht wuchtig genug weggeschlagen.
Die Hoffnung auf defensive Stabilität hielt auch danach nur sieben Minuten. Dann schickte Edmond Tapsoba links Piero Hincapie steil, in der Mitte grätschte Schick dessen Flanke ins Tor. In einer wüsten Anfangsphase löste Gittens den BVB aus dem Schock - doch sieben Minuten später war die Abwehr in Person von Almugera Kabar und Ryerson wieder nur staunende Begleitung bei Schicks zweitem Treffer.
Die zweite Hälfte wurde deutlich, deutlich ruhiger. Leverkusen überließ dem BVB nun zumeist den Ball und lauerte auf den Knockout, den Schick allerdings frei vor Kobel verpasste (61.). Ab der 63. Minute durfte dann auch Wirtz mitspielen: Bayer verwaltete.
Die Partie plätscherte eigentlich dem Ende entgegen, da erwischte Edmond Tapsoba Julien Duranville im Strafraum mit der Hand im Gesicht. Nach Studium der Videobilder entschied Schiedsrichter Tobias Stieler auf Elfmeter. Guirassy verwandelte überlegt. Die Zuschauer hielt es nun nicht mehr auf den Sitzen.